Hallo liebe Freitagsphilosophierende,
unsere Sprache spiegelt unsere Lebenseinstellung manchmal in dramatischer Weise wider. Meist muss man feststellen, dass unsere Gesellschaft immer materialistischer, sensationsgieriger und oberflächlicher wird. Dazu einige prägnante Beispiele.
Wie oft habe ich schon gehört, dass mich jemand fragte. Wo stehst Du denn heute. Eigentlich wollte sie oder er wissen wo ich mein Auto geparkt hatte. Es fand quasi eine vollständige Identifikation meines Autos mit meiner Person statt. (Es gilt zu bedenken: Wenn ich bin was ich habe. Und alles verliere was ich habe – wer bin ich dann noch.)
Des weiteren neigen wir dazu Verben zu substantivieren. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Liebe – die Liebe gibt es jedoch überhaupt nicht. Lieben ist der aktivste Prozess überhaupt und kann nur durch aktives tätig sein beschrieben werden, niemals jedoch durch ein Substantiv. Oder hätte jäh jemand die Liebe gesehen, gefühlt oder die Hand zur Begrüßung (schon wieder eine Versubstantivierung) gereicht? Lieben kann man nur erleben.
Manche Worte kann man durch ihre Versubstantivierung nur noch schwer erkennen – Enttäuschung z. B. ist das Beseitigen der Täuschung das Beenden der Täuschung – die Ent >>täuschung<<.
Zu Goethes Zeiten bedeutete das Wort merkwürdig: des merkens würdig – und heute???