Ein Wanderer zog durch das Land, bis er an einen breiten Fluss kam. Das Wasser glitzerte in der Sonne, die Strömung rauschte sanft, und das Ufer war von alten Bäumen gesäumt. Dort, auf einem Stein, saß ein alter Mann, still und versunken, als würde er den Fluss seit einer Ewigkeit betrachten.

Der Wanderer, erschöpft von seiner Reise, seufzte erleichtert, zog seine Stiefel aus und tauchte einen Fuß ins Wasser. Die kühle Strömung umspielte seine Haut, brachte ihm ein Gefühl von Vertrautheit und Erfrischung. Einen Moment lang schloss er die Augen. Dann stieg er zurück ans Ufer, verweilte kurz – und trat erneut ins Wasser.

Da sprach der alte Mann mit ruhiger Stimme: „Du kannst nicht zweimal in denselben Fluss steigen.“

Der Wanderer hielt inne und runzelte die Stirn. „Aber sieh doch“, entgegnete er. „Eben war ich im Wasser, und nun bin ich es wieder.“

Der Alte lächelte sanft. „Der Fluss, in den du zuerst tratest, ist fort. Sein Wasser ist weitergezogen, nie kehrt es zurück. Doch nicht nur der Fluss hat sich verändert – auch du bist nicht mehr derselbe.“

Der Wanderer betrachtete den Fluss, dann seine Hände. „Ich bin derselbe Mann, der ich vor einem Moment war.“

Der Alte schüttelte den Kopf. „Bist du das wirklich? Der Mann, der vor wenigen Augenblicken ins Wasser stieg, hatte andere Gedanken, ein anderes Empfinden. Er kannte diesen Moment noch nicht. Doch du, der du jetzt hier stehst, hast bereits eine Erfahrung mehr. Dein Geist, dein Herz – sie sind in ständiger Bewegung, wie der Fluss. Du änderst dich mit jeder Sekunde, und was vergangen ist, kehrt nicht wieder.“

Der Wanderer schwieg. Er blickte auf die Strömung, auf die Wellen, die nie dieselben waren, und spürte zum ersten Mal, was es bedeutete, im Fluss der Zeit zu stehen.

„Alles fließt …“ murmelte er.

Der Alte nickte. „So ist es. Der Wandel ist das Wesen aller Dinge. Widerstehe ihm nicht – fließe mit ihm.“

Der Wanderer sah noch einmal auf das Wasser, dann lächelte er. Mit einem stillen Dank an den alten Mann zog er seine Stiefel wieder an und setzte seinen Weg fort – wissend, dass weder der Fluss noch er selbst jemals dieselben sein würden.